Pressemitteilungen 2011

Immer mehr deutsche Rechtsanwaltskanzleien organisieren sich in der Rechtsform der britischen LLP (Limited Liability Partnership). Aus diesem Grund wird seit längerem diskutiert, ob im deutschen Recht eine ähnlich konzipierte „haftungsbeschränkte Freiberuflergesellschaft“ geschaffen werden sollte. Fast drei Viertel der Rechtsanwälte würden dies nach einer Studie des Soldan Instituts begrüßen – sie sind aber mehrheitlich der Auffassung, dass Mandanten durch eine erweiterte Versicherungspflicht geschützt werden sollten.

Der deutsche Gesetzgeber hat im Jahr 1995 mit der Partnerschaftsgesellschaft bereits eine nur für Freiberufler zugängliche Gesellschaftsform geschaffen. Sie lässt die persönliche Haftung von mandatsbearbeitenden Rechtsanwälten unberührt. Mit 71% spricht sich eine deutliche Mehrheit der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für die Umgestaltung dieser Partnerschaftsgesellschaft in eine Freiberuflergesellschaft ohne per-sönliche Gesellschafterhaftung aus. Die verbleibenden 29% lehnen dies ab, weil sie hierin einen Systembruch im Personengesellschaftsrecht sehen, das traditionell keine umfassende Beschränkung der Gesellschafterhaftung kennt. Die Befürworter einer Freiberuflergesellschaft ohne persönliche Gesellschafterhaftung sind überwiegend der Auffassung, dass für diese Gesellschaft eine Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung mit einer im Vergleich zur generellen Versicherungspflicht für Anwälte erhöhten Versicherungssumme bestehen sollte (62% der Befürworter).

Würde sich der Gesetzgeber für die Umgestaltung der bisherigen Partner-schaftsgesellschaft entscheiden, wären 28% der Sozietätsanwälte an einer Nutzung nur dann interessiert, wenn die Mindestversicherungssumme in der Berufshaftpflichtversicherung nicht den bisherigen Betrag von 250.000 EUR übersteigen würde. Für 39% käme die Gründung einer Freiberuflerpersonengesellschaft ohne persönliche Gesellschafterhaftung auch in Betracht, wenn die Mindestversicherungssumme – wie dies aktuell diskutiert wird – 2,5 Mio. EUR betragen würde. Ein Drittel der Sozietätsanwälte kann bereits heute für sich ausschließen, die neue Gesellschaftsform zu nutzen.

Hinweis für die Redaktionen:
Die Befragung erfolgte im Rahmen des Berufsrechtsbarometers 2011, für das im Frühsommer 2011 bundesweit 1.200 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ihre Einstellung zu aktuellen Themen des Berufsrechts mitteilten.

Die Rechtsanwälte lehnen mit einer Mehrheit von 80 % die Einführung sog. zertifizierter Spezialisierungen als Alternative zu den Fach-anwaltstiteln ab. Über die Ergebnisse einer entsprechenden Studie berichtete der Direktor des Soldan Instituts, Matthias Kilian, heute auf einer Fachtagung in Köln, die das Institut für Anwaltsrecht gemeinsam mit dem Anwaltsblatt veranstaltet hat.

Seit längerem diskutiert die Anwaltschaft kontrovers über die Frage, ob es neben dem Fachanwaltstitel und selbst benannten Tätigkeitsschwerpunkten eine weitere Form des Spezialisierungshinweises geben sollte, der mehr als eine bloße Selbsteinschätzung bietet und doch weniger schwierig zu erwerben ist als ein Fachanwaltstitel. Diese auch unter den Schlagworten „Kleine Fachanwaltschaften“ oder „Junior-Fachanwalt“ geführte Diskussion hat sich intensiviert, seitdem ein gewerblicher Anbieter für ausgewählte Rechtsgebiete werbewirksame Zertifizierungen von Rechtsanwälten vornehmen wollte und von der Rechtsanwaltskammer Köln auf Unterlassung in Anspruch genommen wurde. Im Rahmen der auf dem Symposion in Köln vorgestellten Ergebnissen der Befragung von mehr als 1.000 Berufsträgern durch das Soldan Institut äußerten sich vier von fünf Rechtsanwälten ablehnend zu Vorschlägen, zertifizierte Spezialisierungen auf Gesetzesebene einzu-führen.

Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts, relativierte dieses Er-gebnis allerdings: „Aus rechtspolitischer Sicht ist von zentraler Bedeutung, dass sich in der Gruppe der Nicht-Fachanwälte mit nur 46% ablehnenden Stimmen keine Mehrheit für die Erhaltung des Status quo findet. Fachan-wälte sind hingegen zu 86 % für die uneingeschränkte Beibehaltung des Systems geprüfter Spezialisierungen ausschließlich über den Erwerb eines Fachanwaltstitels.“

Diese Zahlen deuten darauf hin, dass für eine relativ große Zahl von Nicht-Fachanwälten die Hürden für den Erwerb eines Fachanwaltstitels zu hoch sind oder es an einer ihre Spezialisierung repräsentierenden Fachanwaltschaft fehlt. Kilian wies darauf hin, dass sich in diesem Punkt zunehmende, auf lange Sicht durchaus problematische Friktionen zwischen zwei großen Teilgruppen der Anwaltschaft andeuten.

Rechtsanwälte stellen nach Erwerb eines Fachanwaltstitels zahlreiche positive Auswirkungen auf ihre anwaltliche Berufstätigkeit fest – allem voran eine Umsatzsteigerung von durchschnittlich 43%. Dies hat eine Studie unter Beteiligung von 2.600 Fachanwälten ergeben, die das Kölner Soldan Institut durchgeführt hat.

Die wichtigsten Effekte liegen nach Meinung von rund der Hälfte der Fachanwälte (53%) in einer Verbesserung der Marktstellung, in verbesserten Möglichkeiten der Außendarstellung und, damit verbunden, Reputationsgewinnen (34%), in einer Verbesserung der individuellen Qualifikation und schließlich in einer stärkeren Spezialisierung und strategischen Profilierung (jeweils 25%). Fachanwälte stellen zudem fest, dass mit dem Erwerb eines Fachanwaltstitels Spezialisierungsvorteile durch effizientere Arbeit verbunden sind, sich ihr Ansehen bei Kollegen und auch bei Gerichten verbessert und sich insgesamt eine höhere persönliche Berufszufriedenheit einstellt. Auch wenn die Effekte eines Fachanwaltstitels in allen Teilgruppen der Anwaltschaft deutlich positiv sind, zeigen sich auf den zweiten Blick Unterschiede.

Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts, erläutert: „Anwälte aus Einzelkanzleien oder kleinen Sozietäten berichten häufiger, dass der Erwerb des Fachanwaltstitels positive Auswirkungen auf Marktstellung und Qualifikation hat. Spezialisierungen in größeren Kanzleien sind hingegen zumeist bereits stark ausgeprägt und am Markt etabliert, bevor ein Fachanwaltstitel erworben wird.“

Hinweis für die Redaktionen:
Die Studie „Fachanwälte“ von Matthias Kilian und Christoph Hommerich ist mit der ISBN 978-3-8240-5412-1 im Anwaltverlag (Bonn) zum Preis von 15 EUR erschienen. Für sie wurden bundesweit 2.600 Fachanwältinnen und Fachanwälte befragt.

Die deutschen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte lehnen es mehrheitlich ab, dass sich berufsfremde Investoren künftig an Anwaltsgesellschaften beteiligen können. Eine entsprechende Möglichkeit besteht seit Kurzem in England, dem wichtigsten europäischen Rechtsdienstleistungsmarkt. Nach einer Studie des Soldan Instituts sprechen sich mehr als zwei Drittel der Anwaltschaft dagegen aus, in Deutschland vergleichbare Möglichkeiten zu schaffen.

Im Rahmen der Befragung zum Berufsrechtsbarometer 2011, dessen Ergebnisse in dieser Woche auszugsweise in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) veröffentlicht worden sind, lehnen 69% der befragten Berufsträger eine Lockerung der strengen berufsrechtlichen Vorgaben, wer Gesellschafter einer Anwaltsgesellschaft sein darf, ab. Mit 16% spricht sich nur eine relativ kleine Minderheit der Teilnehmer der Studie dafür aus, künftig berufsfremde Gesellschafter zuzulassen – 6% würden diese Möglichkeit nur Familienangehörigen eröffnen, 4% lediglich Minderheitsbeteiligungen zulassen. Für den Verzicht auf jegliche Vorgaben nach englischem Vorbild sprechen sich 6% der Befragten aus (den übrigen 15% wäre eine Änderung des Status Quo egal).

Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts, relativiert die Ergebnisse allerdings: „Überdurchschnittlich aufgeschlossen gegenüber Fremdkapital sind jüngere Rechtsanwälte aus überörtlichen und insbesondere internationalen Sozietäten. Dies kann darauf hindeuten, dass mit dem sukzessiven Ausscheiden älterer Berufsangehöriger aus der Anwaltschaft und dem Nachrücken jüngerer Berufskollegen im Verlauf der nächsten Jahre die Zustimmung zur Fremdkapitalisierung zunimmt.“ Kilian weist auch darauf hin, dass für eine Zunahme des Reformdrucks die deutlich überdurchschnittliche Zustimmung in den häufig stark meinungsbildenden Großkanzleien spricht. Diese Kanzleien könnten in den kommenden Jahren gezwungen sein, auf Entwicklungen in England zu reagieren.

In England hat der Gesetzgeber im November 2011 die Möglichkeit zur Gründung sog. „Alternative Business Structures“ eröffnet. In solchen „ABS“ dürfen Anwälte mit beliebigen anderen Berufen zusammenarbeiten, die Gesellschaften können zudem im Besitz von Berufsfremden stehen.

Hinweis für die Redaktionen: Für das Berufsrechtsbarometer 2011 wurden im Frühsommer 2011 bundesweit 1.200 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte befragt. Die Ergebnisse sind auszugsweise im Heft 47/2011 der im Verlag C.H. Beck erscheinenden Neuen Juristischen Wochenschrift erschienen. Das Berufsrechtsbarometer ist eine zweijährlich erfolgende Befragung der deutschen Anwaltschaft zu ihrer Einstellung zu aktuellen Reformdiskussionen im Bereich des anwaltlichen Berufsrechts.

Zwei von drei deutschen Rechtsanwälten werden in ihrer Berufspraxis in Einzelfällen kostenlos tätig, d.h. sie bearbeiten geeignete Mandate bedürftiger Rechtssuchender und gemeinnütziger Organisationen „pro bono“, wenn diese keine Möglichkeit zur Finanzierung eines Anwalts haben. Die Ergebnisse einer entsprechenden Studie hat der Direktor des Soldan Instituts, Dr. Matthias Kilian, auf dem „2011 European Pro Bono Forum“ in Berlin vorgestellt.

Nach der Studie der Kölner Berufsforscher bearbeiten 66% der Rechtsanwälte Mandate pro bono, nur 34% verzichten grundsätzlich auf ein solches gesellschaftliches Engagement. Besonders häufig sind Rechtsanwälte aus kleinen örtlichen Sozietäten und aus internationalen Law Firms in dieser Weise tätig. Im Durchschnitt bearbeitet ein pro bono publico aktiver Rechtsanwalt neun Mandate pro Jahr kostenlos. Jährlich werden damit in Deutschland mehrere Hunderttausend Mandate von Rechtsuchenden, die weder über eine Rechtsschutzversicherung verfügen noch staatliche Kostenhilfe erhalten, von der Anwaltschaft kostenlos betreut werden.

Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts: „Die Ergebnisse unserer Studie sind auch deshalb bemerkenswert, weil das anwaltliche Berufsrecht ein kostenloses Tätigwerden von Rechtsanwälten bislang streng genommen nicht zulässt. Offensichtlich ist das anwaltliche Berufsrecht mit gesellschaftlichen Realitäten in diesem Punkt nicht mehr im Einklang, so dass sich eine Anpassung aufdrängt.“

Die Studie, für die rund 1.200 Rechtsanwälte befragt worden sind, hat ergeben, dass pro bono-Mandate besonders häufig für Mitarbeiter, Freunde und Bekannte übernommen werden. Häufig bitten solche nahestehenden Personen oder gemeinnützige Organisationen den Rechtsanwalt aber auch, für andere Personen aktiv zu werden. Jeder dritte Anwalt berichtet, dass seine pro bono-Mandate u.a. auf persönlichem, außerberuflichem Engagement in Hilfsorganisationen und –einrichtungen beruhen oder sich daraus ergeben, dass ein bereits betreuter Mandant die Anwaltskosten nicht mehr bezahlen kann. Selten sprechen Rechtssuchende einen Anwalt gezielt an und bitten darum, ein Mandat kostenlos zu übernehmen.

Das Soldan Institut geht seiner Forschungstätigkeit seit Oktober 2011 in Köln nach. Das auf die anwaltliche Berufsforschung spezialisierte, interdisziplinär ausgerichtete Institut hat Räumlichkeiten im Universitätsviertel in Köln-Sülz bezogen. Der Bezug der neuen Räume schließt die Reorganisation des Instituts ab, die nach dem Ausscheiden des langjährigen Co-Direktors Christoph Hommerich im Frühjahr 2011 eingeleitet wurde. Am neuen Standort in unmittelbarer Nachbarschaft zur Universitätsbibliothek Köln ist der nunmehr alleinige Direktor des Instituts, Dr. Matthias Kilian, mit einem kleinen Team von Wissenschaftlern tätig.

René Dreske, Vorsitzender des Trägervereins: „Der Forschungsstandort Köln ist seit mehr als 20 Jahren für Exzellenz im Bereich der Anwaltsforschung bekannt. Für uns war es daher naheliegend, mit dem Soldan Institut, das den Idealen Hans Soldans besonders verbunden ist, in Köln aktiv zu werden. Auf diese Weise können wir Synergien nutzen und ein maßgeblich von der Hans Soldan Stiftung getragenes Exzellenzcluster weiter stärken.“

Die Hans Soldan Stiftung fördert seit seiner Gründung sowohl das renommierte Institut für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln als auch das Dokumentationszentrum für Europäisches Anwalts- und Notarrecht. Beide Einrichtungen befinden sich in unmittelbarer Nähe zu den nun vom Soldan Institut bezogenen Räumlichkeiten. Das 2002 begründete Soldan Institut war bislang dezentral organisiert.

Immer mehr Rechtsanwälte erwerben einen Fachanwaltstitel – rund 35.000 Fachanwälte auf 20 verschiedenen Rechtsgebieten gibt es mittlerweile in Deutschland. Eine in der Anwaltschaft verbreitete Sorge ist, dass der Erwerb eines Fachanwaltstitels für ein bestimmtes Rechtsgebiet dazu führt, dass Rechtssuchende Fachanwälte nicht mehr für Rechtsprobleme aus anderen Rechtsgebieten in Betracht ziehen. Eine Studie des Soldan Instituts hat nun nachgewiesen, dass entsprechende Befürchtungen weitgehend unbegründet sind: Nur jeder neunte Fachanwalt hat nach dem Erwerb des Fachanwaltstitels den unbeabsichtigten Verlust von Mandaten festgestellt.

Mit 72% berichten fast drei Viertel aller Teilnehmer einer breit angelegten Fachanwaltsstudie des Soldan Instituts, dass der Fachanwaltstitel bei ihnen nicht zu ungewünschten Mandatsverlusten geführt hat. 16% der mehr als 2.600 befragten Fachanwälte haben zwar Mandate aus anderen Rechtsgebieten verloren, dies war aber mit Blick auf den Wunsch nach einer stärkeren Spezialisierung auf das Fachanwaltsgebiet beabsichtigt. Lediglich 12% beklagen unerwünschte Mandatsverluste, die sie auf ihren Fachanwaltstitel zurückführen. Mit 17 bis 22% überdurchschnittlich häufig stellen Fachanwälte für Sozialrecht, Familienrecht und Miet- und Wohnungseigentumsrecht solche Mandatsverluste fest.

Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts: „Unsere Studie belegt anschaulich, dass die mit einer Spezialisierung einhergehenden Risiken für einen Rechtsanwalt relativ gering sind. Selbst wenn es zunächst zu unerwünschten Mandatsverlusten kommt, werden diese in den allermeisten Fällen durch spürbare Steigerungen des persönlichen Honorarumsatzes im Spezialgebiet ausgeglichen.“

Hinweis für die Redaktionen:
Die Studie „Fachanwälte“ ist im Anwaltverlag (Bonn) unter der ISBN 978-3-8240-5412-1 erschienen. Autoren der Studie sind der Direktor des Soldan Instituts, Dr. Matthias Kilian, und Prof. Dr. Christoph Hommerich, der bis März 2011 Co-Direktor des Instituts war.

Das Essener Soldan Institut hat auf dem 62. Deutschen Anwaltstag in Strasbourg erste Ergebnisse des Berufsrechtsbarometers 2011 vorgestellt. Ein bemerkenswertes Ergebnis dieser zweijährlich durchgeführten Untersuchung: Die Mehrzahl der Teilnehmer der Studie begrüßt die vom Präsidenten des Deutschen Juristentages, Prof. Dr. Martin Henssler, zur Diskussion gestellte Idee, in Ergänzung zum zwingenden Berufsrecht der Anwaltschaft unverbindliche berufsethische Empfehlungen zu formulieren.

Die 2008 von Henssler vorgeschlagene Etablierung von „Regeln guter freiberuflicher Berufsausübung“ hat für viel Diskussionsstoff in der Anwaltschaft gesorgt. Die Idee ist auf Zustimmung gestoßen, hat aber auch Widerspruch von prominenten Vertretern der Anwaltschaft erfahren. Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts, erläutert: „Für uns war wichtig zu ergründen, wie der Rechtsanwalt in der Kanzlei um die Ecke zu der aktuellen Diskussion steht. Zwar hat sich rund ein Drittel der Anwälte noch keine Meinung gebildet – wer allerdings einen Standpunkt in dieser Frage hat, spricht sich zu 75% für die Etablierung von „berufsethischen Regeln“ aus, nur ein Viertel ist dagegen.“

Weitere Ergebnisse des Berufsrechtsbarometers: Anwälte, die in Sozietäten tätig sind, wünschen mit deutlicher Mehrheit (71%) die Schaffung einer besonderen Gesellschaftsform für Freiberufler, in der die persönliche Haftung der Gesellschafter ähnlich wie in einer GmbH auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt wäre. Deutliche Ablehnung (81%) äußern sie gegenüber der Idee, künftig berufsfremde Investoren in Anwaltsgesellschaften zuzulassen. Nur wenig Unterstützer findet auch die Idee, neben Fachanwälten künftig unter erleichterten Voraussetzungen sog. „zertifizierte Spezialisten“ für bestimmte Rechtsgebiete zu schaffen – nur 21% der Anwälte könnten sich mit einer solche Neuregelung anfreunden. Das Berufsrechtsbarometer hat auch herausgefunden, dass die seit 2008 unter bestimmten Voraussetzungen zulässigen anwaltlichen Erfolgshonorare bislang keine große Bedeutung erlangt haben: Mehr als zwei Drittel aller Anwälte haben noch nie ein Erfolgshonorar vereinbart, die übrigen Anwälte nutzen dieses Vergütungsmodell sehr selten.

Hinweis für die Redaktionen:
Vom 26. April bis 23. Mai 2011 hat das Soldan Institut für das Berufsrechtsbarometer 2011 mehr als 2.300 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu 19 aktuellen Themen des anwaltlichen Berufsrechts befragt. Das Berufsrechtsbarometer wird seit 2007 im zweijährlichen Rhythmus durchgeführt. Es untersucht zum einen, welche Auswirkungen bereits realisierte Reformen des Anwaltsrechts auf die Berufspraxis der Anwälte haben. Zum anderen holt es ein Meinungsbild der unmittelbar Betroffenen zu aktuell in der Rechts- und Berufspolitik diskutierten möglichen Änderungen des Berufsrechts ein.

Das Soldan Institut hat auf dem 62. Deutschen Anwaltstag in Strasbourg eine empirische Studie über Fachanwälte – Rechtsanwälte, die über nachgeprüfte besondere theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen in einem bestimmten Rechtsgebiet verfügen – vorgestellt. Die Essener Anwaltsforscher weisen in dem knapp 300seitigen Buch mit dem Titel „Fachanwälte“ unter anderem nach, dass der Erwerb eines Fachanwaltstitels für einen Rechtsanwalt fast immer mit einer spürbaren Zunahme des Umsatzes verbunden ist. Fachanwälten gelingt es auch, so ein weiteres Ergebnis der Untersuchung, deutlich höhere Stundensätze am Markt durchzusetzen als Berufskollegen, die auf dem selben Rechtsgebiet ohne Fachanwaltstitel tätig sind.

Rund 35.000 der 155.000 deutschen Rechtsanwälte sind mittlerweile Fachanwalt. Für die erste empirische Studie über Fachanwälte haben die Wissenschaftler des Soldan Instituts mehr als 2.600 Fachanwältinnen und Fachanwälten ausführlich befragt. Resultat sind umfassende Erkenntnisse zu den Gründen, warum Anwälte einen Fachanwaltstitel anstreben, den Schwierigkeiten, die sie beim Erwerb des Titels erfahren, und den Auswirkungen, die eine Titelverleihung auf die wirtschaftliche und berufliche Situation eines Anwalts hat. So wird nachgewiesen, dass es für junge Anwälte in einigen der 20 Fachanwaltsgebiete zunehmend schwieriger wird, die Voraussetzungen für die Verleihung eines Fachanwaltstitels zu erfüllen, weil es ihnen nur noch mit großen Problemen gelingt, die hierfür notwendige Zahl von Mandaten zu akquirieren.

Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts: „Wir freuen uns, den Rechtsanwältinnen und Rechtanwälten, aber auch den Organisationen der Anwaltschaft heute eine Vielzahl von tatsächlichen Informationen über die Fachanwaltschaften zur Verfügung stellen zu können. Die Forschungsergebnisse bieten nicht nur Anwälten, die den Erwerb eines Fachanwaltstitels planen, wichtige Entscheidungshilfen. Sie geben auch der Satzungsversammlung als Anwaltsparlament, das die Fachanwaltsordnung verabschiedet, Fingerzeige, welche gesetzlichen Regelungen in der Praxis zu Problemen führen.“

Hinweis für die Redaktionen:
Die Studie „Fachanwälte“ ist im Anwaltverlag (Bonn) unter der ISBN 978-3-8240-5412-1 zum Preis von 15,- EUR erschienen. Autoren der Studie sind der Direktor des Soldan Instituts, Dr. Matthias Kilian, und Prof. Dr. Christoph Hommerich, der bis März 2011 Co-Direktor des Instituts war.

Jeder vierte Fachanwalt, der seinen Titel seit 2006 erworben hat, berichtet von Schwierigkeiten bei dem für die Titelverleihung notwendigen Nachweis besonderer theoretischer Kenntnisse oder praktischer Erfahrungen. Dies hat eine Befragung von mehr als 2.600 Fachanwältinnen und Fachanwälten durch das Soldan Institut für Anwaltmanagement ergeben.

Während von den Fachanwälten, die ihre Qualifikation vor 1995 erworben haben, lediglich 13% von Problemen berichten, liegt der Anteil bei den Kollegen, die in den letzten fünf Jahren den Titel erworben haben, mit 25% fast doppelt so hoch. Am häufigsten beklagt wird der hohe zeitliche Aufwand beim Erwerb der besonderen theoretischen Kenntnisse durch den Besuch von Lehrgängen und das Sammeln von Fällen aus Teilrechtsgebieten einer Fachanwaltschaft. Deutlich weniger Rechtsanwälte nennen die entstehenden Kosten, die Anforderungen der Klausuren im Rahmen der Lehrgangsteilnahmen und das Erreichen der notwendigen Gesamtzahl der Fälle im Fachanwaltsgebiet als Problem.

Erhebliche Unterschiede ergeben sich bei einer Betrachtung einzelner Fachanwaltschaften: Nur jeweils rund 11% der Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht oder IT-Recht berichten von Problemen, während der Wert für Fachanwälte für Erbrecht oder Handels- und Gesellschaftsrecht bei 33% liegt.

Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts: „Unsere Daten lassen erkennen, dass die zunehmenden Probleme beim Erwerb des Fachanwaltstitels vor allem auf Schwierigkeiten beruhen, alle Teilrechtsgebiete einer Fachanwaltschaft mit der notwendigen Zahl von praktischen Fällen abzudecken. Dies deutet darauf hin, dass die gesetzlichen Anforderungen an den Titelerwerb nicht in allen Fachanwaltschaften das praktische Tätigkeitsfeld eines auf dieses Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalts sachgerecht widerspiegeln.“

Nach fast zehn Jahren Tätigkeit ist Prof. Dr. Christoph Hommerich aus dem Direktorium des Soldan Instituts für Anwaltmanagement ausgeschieden. Als alleiniger Direktor führt seit April 2011 Dr. Matthias Kilian das Soldan Institut, das er seit seiner Gründung gemeinsam mit Hommerich geleitet hat. Hommerich wird sich neuen Forschungsaufgaben zuwenden und sich schwerpunktmäßig mit der Vertrauenswürdigkeit von Expertenberufen und der Zukunft von Verbänden und Kammern beschäftigen: „Nach so langer Zeit im Bereich der Anwaltforschung werde ich mein Forschungsfeld erweitern. Die Finanzkrise, die Krise des Gesundheitswesens und jüngst auch die Krise der Atomindustrie zeigen, wie sehr wir inzwischen von Experten abhängig sind. Es ist dringend geboten, die Bedingungen für die Vertrauenswürdigkeit dieser Experten wissenschaftlich zu erforschen.“

René Dreske, Vorsitzender des Trägervereins: „Wir danken Professor Hommerich für das große Engagement, mit dem er sich um Gründung und Etablierung des Soldan Instituts als einer in dieser Form einmaligen, auf die Anwaltsforschung spezialisierten Forschungseinrichtung verdient gemacht hat. Wir bedauern seine Entscheidung, haben aber Verständnis dafür, dass er sich neuen Forschungsaufgaben widmen möchte“. Dreske weiter: „Mit Matthias Kilian stellt ein international exzellent vernetzter, interdisziplinär denkender Anwaltsforscher die Kontinuität der Forschungstätigkeit des Soldan Instituts sicher. Wir freuen uns, dass er für diese Aufgabe neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit an der Universität zu Köln weiterhin zur Verfügung steht“.

Kilian schließt sich dem Dank an seinen bisherigen Co-Direktor an: „Christoph Hommerich hat sich seit mehr als 25 Jahren als Soziologe und Volkswirt mit Anwaltsforschung befasst, so dass seine Entscheidung für die Anwaltschaft sehr bedauerlich ist. Für den gemeinsam zurückgelegten Weg gilt ihm mein herzlicher Dank. Es freut mich, dass er dem Institut freundschaftlich verbunden bleiben wird.“ Die Forschungstätigkeit des Instituts ist von den personellen Veränderungen unberührt: In den kommenden Monaten wird das Soldan Institut Befragungen zum Berufsrechtsbarometer 2011 und zur Berufssituation junger Anwälte durchführen, Studien zur Fachanwaltschaft und zur Anwaltswerbung veröffentlichen und das Statistische Jahrbuch der Anwaltschaft 2011/2012 erstellen.

Hinweis für die Redaktionen:
Das Soldan Institut für Anwaltmanagement wurde 2002 als unabhängige Forschungseinrichtung gegründet. Ziel des von einem gemeinnützigen Verein getragenen Instituts ist die Erforschung der Strukturentwicklung der Anwaltschaft und der sich hieraus ergebenden Bedingungen für eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Tätigkeit von Anwaltskanzleien. Das Institut betreibt eigene empirische Anwaltsforschung, deren Ergebnisse Rechtsanwälten, Institutionen der deutschen Anwaltschaft, politischen Entscheidungsträgern, Wissenschaftlern und einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Der gemeinnützige Trägerverein des Instituts wird von der Hans Soldan Stiftung, dem Deutschen Anwaltverein und der Bundesrechtsanwaltskammer unterstützt.

Das Soldan Institut für Anwaltmanagement hat am heutigen Tag die Befragung von mehreren Tausend Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten zum Berufsrechtsbarometer 2011 gestartet. Das im Jahr 2007 etablierte Berufsrechtsbarometer ermittelt alle zwei Jahre die Meinungen und Wünsche der deutschen Anwaltschaft zu aktuellen berufspolitischen Fragen und überprüft die Akzeptanz und praktische Bedeutung von in der jüngeren Vergangenheit realisierten Gesetzesänderungen im Bereich des Berufsrechts.

Die Berufsrechtsbarometer 2007 und 2009, die in NJW 2007, 2308ff. und NJW 2010, 31ff. veröffentlicht worden sind, haben großes Interesse gefunden. Die Ergebnisse der Berufsrechtsbarometer sind immer wieder in die berufs- und rechtspolitische Diskussion bis in den Bundestag hinein eingeflossen. Mit der aktuellen Befragung wird ein Meinungsbild der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu folgenden Themenkreisen eingeholt:

  • Reformen der Fachanwaltsordnung
  • Zertifizierte Spezialisierung unterhalb der Fachanwaltschaft
  • Zukunft des Verbots der Gebührenunterschreitung
  • Bedeutung von Erfolgshonoraren und gewerblicher Prozessfinanzierung
  • Zulässigkeit von Fremdkapital in Sozietäten
  • Schaffung einer haftungsbeschränkten Freiberuflergesellschaft
  • Einwilligung in die Vertretung widerstreitender Interessen
  • Abtretung von Vergütungsforderungen an Nichtanwälte
  • Verschwiegenheitspflicht von Hilfspersonen des Anwalts
  • Stärkung des Berufsrechts in der juristischen Ausbildung
  • Auswirkungen des Gesetzes zur Reform der Juristenausbildung

Rechtsanwalt Dr. Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts: „Wir bitten alle in unsere Zufallsstichprobe fallenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, sich am „Berufsrechtsbarometer 2011“ zu beteiligen. Das Berufsrechtsbarometer bietet den von berufsrechtlichen Änderungen unmittelbar Betroffenen die Möglichkeit, Berufs- und Rechtspolitikern ihre Sicht der Dinge mitzuteilen. Diese Chance sollte jede Rechtsanwältin, jeder Rechtsanwalt nutzen.“

Erste Ergebnisse der Befragung werden am 3. Juni 2011 auf dem Deutschen Anwaltstag in Strasbourg vorgestellt.